Geschichte
Entstehung und Entwicklung des Karate
Karate ist eine traditionsreiche Kampfkunst, deren Wurzeln bis ins alte China und nach Okinawa zurückreichen. Über Jahrhunderte entwickelte sich Karate von einer unbewaffneten Selbstverteidigungstechnik zu einem weltweit geschätzten System, das Körper und Geist vereint.
Die Ursprünge: Einflüsse aus dem chinesischen Kung-Fu
Bereits im 14. Jahrhundert brachten chinesische Mönche und Händler Kampfkünste wie das „Chuan Fa“ (Vorläufer des Kung-Fu) nach Okinawa, welches damals noch nicht zu Japan gehörte. Diese Techniken, geprägt von Philosophie und Kampfmethoden aus dem Shaolin-Tempel, verschmolzen mit den einheimischen Selbstverteidigungstechniken Okinawas. Insbesondere das Waffenverbot, das 1609 durch die japanischen Besatzer erlassen wurde, trieb die Entwicklung unbewaffneter Kampfstile voran.
Die Entwicklung auf Okinawa
In Okinawa entstanden aus der Verschmelzung chinesischer und lokaler Techniken drei Hauptsysteme: Shuri-te, Naha-te und Tomari-te (jeweils benannt nach den Regionen, aus denen sie hervorgingen). Diese wurden über Generationen im Geheimen weitergegeben, da öffentliche Ausübung verboten war. Karate wurde nicht nur als Kampfkunst, sondern auch als Mittel zur Charakterbildung und geistigen Stärke angesehen - und das bis heute.
Entstehung des Shotokan Stils
Anfang des 20. Jahrhunderts brachte Gichin Funakoshi (1868–1957) Karate nach Japan und entwickelte den Stil, der als Shotokan bekannt wurde. Der Begriff Shotokan setzt sich aus den Worten Shoto (松濤) und Kan (館) zusammen.
Shoto bedeutet wörtlich „Pinienwellen“. Der Name beschreibt das Geräusch von Wind, der durch Kiefernwälder streicht. Gichin Funakoshi verwendete "Shoto" als literarisches Pseudonym, da er ein begeisterter Dichter und Kalligraf war.
Kan bedeutet „Halle“ oder „Ort“. Es bezieht sich auf einen Trainingsraum, eine Schule, oder eine Stätte.
In dieser Anlehnung findet sich "Kan" auch in inserem Vereinsnamen Kyotokan wieder.
Shotokan bedeutet also wörtlich „Halle der Pinienwellen“ oder sinngemäß: „Ort von Shoto“.
Gichin Funakoshi legte besonderen Wert auf klare, kraftvolle Techniken und tiefe Stände, was bis heute charakteristisch ist für das Shotokan-Karate. Darüber hinaus sah er im Karate eine Philosophie, die Karate als Lebensweg verstand - den Karate Do.
Im Jahr 1949 wurde die Japan Karate Association (JKA) gegründet. Unter der Leitung von Masatoshi Nakayama (1913-1987) wurden die Techniken standardisiert, Prüfungen etabliert und Wettkampfregeln entwickelt. Nakayama war ein bedeutender Vertreter des Shotokan-Karate und enger Schüler von Gichin Funakoshi. Er trug wesentlich dazu bei, Shotokan-Karate weltweit bekannt zu machen.
Shihan Hideo Ochi (9.Dan)
Großmeister Hideo Ochi (* 29. Februar 1940) begann sein Karate-Training an der renommierten Tokai Universität unter der Leitung von Masatoshi Nakayama. Nach seinem Studium absolvierte er das anspruchsvolle Instructor-Programm der JKA und war anschließend als Trainer und Lehrer tätig.
In seiner aktiven Wettkampfzeit errang er zahlreiche bedeutsame Titel. Unter anderem gewann er im Jahr 1968 bei den JKA All Japan Karate Championships beide Disziplinen – Kata und Kumite. Dies ist eine außergewöhnliche Leistung, die bis heute nur sehr wenigen Karateka gelang und ihm den Titel "Grandmaster" verleiht. Seine Erfolge in beiden Kategorien trugen wesentlich zu seinem internationalen Ruf bei und zeigen, dass er die Philosophie des Karate als ganzheitliche Kunst meisterhaft verkörpert.
1970 wurde Hideo Ochi als offizieller Trainer von der JKA nach Deutschland entsandt. Er trug maßgeblich zur Professionalisierung und Verbreitung des Karate bei, indem er Vereine aufbaute und zahlreiche Lehrgänge organisierte. Als Bundestrainer des Deutschen Karate Verbands (DKV) leitete er jahrzehntelang die Ausbildung von Karateka in Deutschland. Um den traditionellen Stil des Shotokan-Karate (basierend auf den Prinzipien der JKA) in Deutschland zu bewahren, gründete Hideo Ochi 1993 den Deutschen JKA-Karate Bund (DJKB). Der DJKB wurde somit die offizielle Vertretung der JKA in Deutschland. Er ist einer der größten und bedeutendsten nationalen Verbände und steht für die Förderung des authentischen, traditionellen Shotokan-Karate.
Hideo Ochi ist nicht nur ein prägender Karate-Lehrer, sondern auch ein kultureller Botschafter, der durch seine Arbeit die Werte des Karate – wie Respekt, Disziplin und gegenseitiges Verständnis – einem breiten Publikum nahebrachte. So wurde Hideo Ochi 1997 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Diese Ehrung erhielt er in Anerkennung seiner herausragenden Verdienste um die Verbreitung und Förderung des Karate in Deutschland, sowie seinen Beitrag zur Völkerverständigung zwischen Deutschland und Japan. Seine Auszeichnung spiegelt die Wertschätzung wider, die ihm für seinen Einsatz weit über den sportlichen Bereich hinaus entgegengebracht wird.
Seine Arbeit hat Karate in Deutschland populär gemacht und dazu beigetragen, Shotokan-Karate als festen Bestandteil der Kampfkunstszene in Europa und darüber hinaus zu etablieren. Bis heute ist er eine Schlüsselfigur des internationalen Karate.
Im Jahr 2019 hatten wir große die Ehre und durften Shihan Hideo Ochi bei uns im Kyotokan empfangen, wo er für knapp 300 Teilnehmer einen hochklassigen Lehrgang gab.